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Ofenwarmes Brot vor das Haus gebracht

Die tägliche Tour mit dem „Trabant Kombi“ führt Wilhelm Pagenkopf aus Goldenbow durch
mehrere Dörfer – Frau Bednarek: Seit 31 Jahren bin ich Kundin

 

Bäcker Wilhelm Pagenkopf in Goldenbow zu finden, ist nicht schwierig; die Goldenbower weisen dem Fremden gern den Weg. Er ist der einzige Bäcker in der Gemeinde – hat Tradi-tion, wie man so sagt, schon seine Großmutter führte den kleinen Handwerks-betrieb, zu dem auch eine Mühle gehörte.

Einziger Bäcker in der Umgebung zu sein, genießt Wilhelm Pagenkopf keineswegs als Privileg, ganz im Gegenteil.

 

Am „Bäcker-Montag“

kein Verschnaufen

Der erste Versuch, den 61jährigen Mann kennenzulernen, scheiterte, denn auf einem Schildchen mit den Öffnungszeiten stand der Hinweis „Montag geschlossen“.

„Der Bäcker steht am Ofen, wo ein Bäcker hingehört“, verkündet uns seine Frau, und sie bemerkt, daß er noch Pfeffernüsse backen müsse.

 

Statt des Pferdes

den Trabant „gesattelt“

Der zweite Versuch glückt. Zwar will der Bäcker gerade seine Schuhe anziehen und seinen „Trabant-Kombi“ holen, um Brot, Brötchen, Pfeffernüsse auszufahren, trotzdem bittet er uns herein. Daß ein Bäcker früh aufstehen muß, war uns klar, aber wußten Sie, lieber Leser, daß am Sonnabend für ihn die Nacht schon um ½ 2 Uhr vorüber ist? „Ich lege mich dafür nach dem Mittag ein Stündchen hin“, entgegnet unser Gesprächspartner.

„ Um 14 Uhr fahre ich dann los – täglich. Die Leute haben sich doch daran gewöhnt. Ich war auch als junger Mann schon unterwegs, half damals meiner Mutter und fuhr Mehl und Brot aus – allerdings mit Pferd und Wagen. Pferde haben wir heute nicht mehr, aber der Wagen lebt noch. Die Kollegen von der Konsum-Bäckerei hatten sich ihn für den Festzug zur 750-Jahr-Feier der Stadt Parchim ausgeborgt.“

 

 

Anderer Beruf für Ihn

kaum vorstellbar

Der Bäckerwagen verleitet zu einem Rückblick auf  das Leben von Wilhelm Pagenkopf, der eigentlich nicht Bäcker werden wollte. „Heute kann ich mir nicht vorstellen, daß ich einen anderen Beruf ausüben könnte. Aber wem geht

 

 

das nach so vielen Berufsjahren nicht genauso?“ stellt wilhelm Pagenkopf fest. Übrigens, die beiden Söhne des Bäckers – einer arbeitet in Rostock, der jüngste macht bald sein Abitur – haben andere berufliche Pläne.

 

Gute Arbeit zahlt sich aus

heute und bei uns

Viel hat sich verändert seit den harten Jahren des Aufbaus. Die Unterstützung des Staates für das private Handwerk spürt auch Wilhelm Pagenkopf; gute Arbeit zahlt sich aus. Bei der täglichen Tour mit dem kleinen weißen Kombi durch die Gemeinde, wenn Bäcker Pagenkopf durch Frauenmark, Hof und Dorf Friedrichs-ruhe und Neu Ruthenbeck fährt, gibt es für ihn immer wieder Neues zu sehen. Die Dörfer werden schöner. Manche Straße ist gebaut worden. Er lädt uns ein, ihn zu begleiten. Erste Station wird

 

 

nahe der Kurve in Friedrichsruhe gemacht. Dort wird er schon erwartet. Für die kleine Verspätung müssen wir uns entschuldigen. Die Frauen lachen: „macht doch nichts, sonst wartet er ja auf uns!“ Frau Bednarek erzählt, daß sie nun schon 31 Jahre Kundin von Wilhelm Pagenkopf ist und den Bäcker nicht missen möchte.

 

Meist wird nur Plattdeutsch

gesprochen

Unterdessen ist der Mann in seinem blauen Kittel und der Ledermütze dabei, Brot zu verkaufen. Dunkle Wolken ziehen auf, aber Wilhelm Pagenkopf läßt sich nicht schrecken – um diese Jahreszeit nichts Ungewöhnliches. Die Türen seines Bäckerwagens bleiben geöffnet, und er packt Brote und Beutel mit braunen und weißen Pfeffernüssen in die Taschen seiner Kunden. Die Frauen sprechen mit ihm Platt. „Een Büdel bruhne und en witte.“

 

Dankeschön und stets zufriedene

Kunden

In diesen Tagen bleibt für den Bäcker noch viel zu tun; er sorgt dafür, daß die Frauen das Weihnachtsgebäck „frei Haus“ erhalten. Auch für 1977 wünschen wir ihm allzeit zufriedene Kunden.

                                                                  H. T.

 

 

 

 

 

 

 

                                                    Abschrift: Ch. Pagenkopf