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Bedeutung und Verbreitung des Familiennamens „Pagenkopf“

 

Bedeutung

Der Duden „Familiennamen“, Ausgabe 2000, Bearbeiter Rosa und Volker Kohlheim, enthält hierzu folgende Aussagen:

  1. Berufsübername zu mnd. pagenkop >Pferdekopf< für den Pferdehändler oder Übername nach dem Aussehen des ersten Namensträgers
  2. Wohnstättenname nach einem gleich lautenden Flurnamen
  3. Herkunftsname zu dem Ortsnamen Pagenkopf (ehem. Pommern/jetzt Polen)

Hinrik Paghenkop ist a. 1383 in Göttingen überliefert.

Nicht ganz so umfangreiche Aussagen enthalten „Das Große Buch  der Familiennamen“ von Horst Naumann und das „Deutsche Namenlexikon“ von Horst Bahlow.

Die Ahnenforschungseite Ancestry.com aus den USA enthält weiterhin Hinweise auf die regionale Herkunft des Namens aus der Oldenburger Gegend und aus Pommern mit Bezug auf den Ort Pagenkopf.

 

Ausführliche Erläuterungen zum heute nicht mehr bekannten niederdeutschen Wort „Pagen“ für Pferd sind dem „Mecklenburgischen Wörterbuch“ von Wossidlo-Teuchert, Akademie Verlag Berlin 1970, zu entnehmen:

 

-           Pagenkopp m. Pferdekopf; nur als Personenname lebendig …

-           Pag´,Pagen m. Pferd

·          „Ga hen unde lere paghen villen“ Red.Ost 1683

·        „bey uns nennet man die kleinen Pferde noch Pagen“ – FRANK Ann. 1858

·        in einer gereimten Wetterregel: „Märzensnei deiht olle Pagen weih.“

·        sprichwörtlich: „mit Wagen un Pagen“ – in der Bedeutung „mit Sack und Pack“

·        im verächtlichen Sinn: „en stiwen Pagen“ – ein altes schweres Pferd, „oll Pagen“ – für einen Menschen

·        als Flurname: Pagenbrok, -dik, -hagen, -horn, -horst, -koppel, -müssen, -panz, -rade,   -stück, -uurt, -werder, -wisch; Pagelkamp; (Erg. des Verf.: Pagensand)

·        das westfäliche Page für ´Bauernpferd´

 

Als Flurnamen sind beispielsweise folgende zu nennen: die Insel Pagenwerder im Breitling in Rostock, die Insel Pagensand in der Elbe bei Hamburg, der Pagenberg bei Herzberg im Kreis Parchim.

In der „Pommerschen Flurnamensammlung“ von Robert Holsten, 1963, werden die Namen `Pagencnoke`, 1292 sw. von Demmin und `Paghenhorst`, 1317 im Kreis Naugard auch von Poggen – Frösche, abgeleitet.

 

Die nahe liegende Vermutung, dass auch ein Bezug zum Giebelschmuck der nieder-deutschen Bauernhäuser, den gekreuzten Pferdeköpfen, bestehen könnte, kann aber mit der oben angeführten Literatur zum Familiennamen nicht belegt werden. Einen Anhaltspunkt hierfür liefert jedoch Armin Borchardt, Schwarzenbek, der sich intensiv mit dem früheren Ort Pagenkopf (heute Bagna), ca. 50 km nordöstlich von Stettin gelegen, beschäftigt hat.

 

 

Er zitiert hierzu:

1. Geschichte Wittenfeldes und des Landes Massow, August Barfknecht, 1930.

Auszug: "Pagenkopf = Pferdekopf, von page, niederdeutsch Pferd. Der Name beweist, daß sich hier Sachsen niederließen, die nach ihrer Väter Weise die Giebelspitzen der Häuser mit aus Holz geschnitzten Pferdeköpfen schmückten."

2. Wanderungen durch das ehemals bischöflich Camminsche Land Massow, Herbert Vossberg, 1973: " (=Pferdekopf), nordöstlich Massow, alte niedersächsische Dorfanlage, deren Häuser mit hölzernen Pferdeköpfen geziert waren; 1350 von Graf v. Eberstein dienstfrei gemacht; …

 

Der Ort wurde in diesem Zusammenhang erstmals urkundlich erwähnt.

Umstritten ist heute allerdings das historisch nachweisbare Alter der Pferdeköpfe als Giebelschmuck. Gesicherte Nachweise sind maximal 400 Jahre alt (sh.Wikipedia). Die zitierte Quelle von 1930 enthält den damaligen Kenntnisstand.

Der Familienname blieb mit Ausnahme der Schreibweise der Endung über die Jahrhunderte unverändert und erfuhr anscheinend auch keine Abwandlungen.

 

 

Verbreitung

Die heutige Verbreitung des Namens und die niederdeutsche Herkunft des Namens lässt in Verbindung mit der geschichtlichen Entwicklung im niederdeutschen Sprachraum und der jüngeren Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert einige Rückschlüsse auf die Entstehung und Verbreitung des Namens anhand folgender Fakten zu:

-           die heutigen Namensträger konzentrieren sich in Deutschland entlang der Ostseeküste und in Westfalen, von hier aus entlang des Mittelrheins bis Frankfurt, sowie in einigen Großstädten,

-           verstreute Vorkommen finden sich in Niedersachsen und in Mitteldeutschland, in Süddeutschland kommt der Name nur in einigen Großstädten und den zugehörigen Ballungsräumen vor,

-           in Nordamerika kommt der Name nach meinen Nachforschungen im Internet hauptsächlich in den Bundesstaaten Kansas, Wisconsin und Minnesota vor,

-           die Suche der heutigen Namensträger, insbesondere der nordamerikanischen, konzentriert sich auf Pommern,

-           die mir bisher bekannten historischen Vorkommen des Namens zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert konzentrieren sich an der Grenze Pommerns zu Mecklenburg, an der pommerschen Ostseeküste und in der nördlichen Neumark, der Ort Pagenkopf liegt nahezu im Mittelpunkt der bekannten Nennungen.

 

Auf Grund dessen und der überschaubaren Anzahl der heutigen Namensträger mit ca. 200 Telefonbucheinträgen 2005) kann Folgendes vermutet werden:

Die ersten Namen entstanden in Westfalen als Wohnstättenname, als Berufsübername oder nach dem Aussehen der ersten Namensträger. Mit der einsetzenden Ostkolonisation verbreitete sich der Name auch in Niedersachsen durch Wanderung und durch neue Namensbildungen, tritt hier heute jedoch eher verstreut auf.

 

 

In der Folge des Wendenfeldzuges Heinrich des Löwen 1147 verbreitet sich der Name durch Wanderung auch in Mecklenburg und dem heutigen Vorpommern.

Die deutsche Besiedlung Pommerns östlich der Oder erfolgte zwischen 1250 und 1300. Durch einen Namensträger wird hier der Ort Pagenkopf gegründet oder nach ihm benannt. Auch hierfür liefert Borchardt einige Anhaltspunkte aus dem Zitat von Vossberg:

 

„…das zweifellos ursprüngliche Lehnschulzengeschlecht Pagenkopf ist in den KVPR (Anmerkung:

meint wahrscheinlich "Kirchenvisitationsprotokollregister") verzeichnet mit N. Pagenkopf, Bauer zu Görke bei Greifenhagen 1546 und mit dem Meister Jacob Pagenkopf zu Treptow a. d. Rega; im EV (Anmerkung=Einwohnerverzeichnis) "Pagenkopf 1655 ist dann als Besitzer ein Graf Eberstein angegeben und unter den 14 "Einwohnern" der "Schulze" Richard Zasterrow mit 1 Hufe und 3 Freihufen, was auf den alten Status eines Lehnschulzen hinweist, aber auch den Verlust des Hofes durch die Familie Pagenkopf und die Verschlechterung der ursprünglichen Lage des Dorfes

anzeigt."

 

In der Folge bildeten sich im Umkreis des Ortes, nachweislich z.B. in dem Nachbarort Voigtshagen, sehr wahrscheinlich auch  neue Namen als Herkunftsname heraus, die aufgrund ihrer Vermehrung in Pommern später wesentlichen Einfluss auf die Verbreitung des Namens durch Wanderung bis in die Gegenwart haben. Diese erfolgte vermutlich ab dem 17. Jahrhundert aus wirtschaftlichen Gründen wieder in Richtung Westen entlang der Ostseeküste und der Grenze zu Mecklenburg. Eindeutig nachweisbar sind bisher jedoch nur die Auswanderungen nach Amerika um 1850. Weitere Wanderungsbewegungen in Richtung Westen fanden in der jüngsten Geschichte durch Flucht und Vertreibung im 2. Weltkrieg, Flucht aus der DDR und Übersiedlung in die westlichen Bundesländer nach 1990 statt.

Die Verbreitung entlang des Mittelrheins ist wohl eher auf eine natürliche Wanderung aus dem Entstehungsgebiet Westfalen sowie aus der Flucht während und nach dem 2. Weltkrieg zurück zu führen.

 

 

 

Mein herzlicher Dank gilt Herrn Borchardt für die Bereitstellung der angeführten Zitate,

www.armin-borchardt.de

 

Rostock 2005, Christian Pagenkopf           

 

 

  

      Abb.1: Vermutungen zur Entstehung und Verbreitung des Familiennamens Pagenkopf